Nichtschwimmer auf dem Vormarsch

Veröffentlicht am 06.06.2017 in Bildung

DLRG-Bilanz Nichtschwimmer auf dem Vormarsch

Die DLRG schlägt Alarm: Im vergangenen Jahr ertranken 537 Menschen, so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. Der Lebensrettungsgesellschaft warnt vor einer beunruhigenden Tendenz: Immer weniger Grundschüler können gut schwimmen.

In Deutschland können immer mehr Kinder im Grundschulalter nicht richtig schwimmen. 59 Prozent der zehnjährigen Mädchen und Jungen in Deutschland seien keine sicheren Schwimmer, sagte DLRG-Vizepräsident Achim Haag in Hannover. Er berief sich dabei auf die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage für die Deutsche-Lebens-Rettungs-Gesellschaft zu dem Thema. Demnach besitzen nur 40 Prozent der Sechs- bis Zehnjährigen ein Jugendschwimmabzeichen

Das "Seepferdchen" reicht nicht

"Als sicherer Schwimmer kann nur gelten, wer die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze sicher beherrscht", berichtete Haag weiter. Dabei müssen Kinder innerhalb von 15 Minuten mindestens 200 Meter schwimmen. Das "Seepferdchen" reicht nach Ansicht der DLRG nicht aus, um sicher zu schwimmen. Es sei kein Schwimmabzeichen, sondern eher eine Bescheinigung, dass sich das Kind über Wasser halten könne. Obwohl die Grundschulen per Gesetz den Auftrag haben, die Schwimmausbildung zu übernehmen, komme sie an vielen Schulen zu kurz oder falle ganz weg, weil kein Schwimmbad erreichbar sei, beschrieb Haag. Kritik äußert der DLRG auch deutlich in Richtung Politik: "Wer Bäder schließt, um Kosten zu senken, handelt fahrlässig und verantwortungslos", sagte er.

Land der Nichtschwimmer

Die neue DLRG-Umfrage zeigt eine beunruhigende Tendenz: Während in der Altersgruppe der über 60-Jährigen noch 56 Prozent in der Grundschulzeit schwimmen lernten, sind es bei den 14- bis 29-jährigen Befragten mit 36 Prozent nur noch gut ein Drittel. "Wenn diese Entwicklung so weitergeht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann Deutschland zu einem Land der Nichtschwimmer wird", mahnt der DLRG-Vizepräsident."

Mit den nachlassenden Schwimmfähigkeiten geht ein weiteres Problem einher: Wer schlecht schwimmt, kann sich meist nicht selbst retten: In Notlagen lassen bei ungeübten Schwimmern schneller die Kräfte nach und sie geraten leichter in Panik. Im vergangenen Jahr ertranken in Deutschland 537 Menschen - ein Höchststand der vergangenen zehn Jahre. Im Vorjahr zählte die DLRG noch 49 Badetote weniger. Die Helfer vom DLRG konnten im vergangenen Jahr zugleich 1071 Menschen das Leben retten.

Flüchtlinge unter den Ertrunkenen

2016 waren insgesamt 64 Flüchtlinge unter den Ertrunkenen, im Jahr 2015 waren es 27. Gespräche mit Augenzeugen und Rettern der DLRG haben ergeben, dass fast niemand von ihnen schwimmen konnte. Als Reaktion hat der Verein Baderegeln mittlerweile in fast 30 Sprachen übersetzt und entsprechende Piktogramme anfertigen lassen. Kommunen und Badbetreiber können sie herunterladen. Zugleich bietet die DLRG Schwimmkurse an - nicht nur für Kinder, sondern auch speziell für Flüchtlinge. Diese werden mit der Hilfe von Dolmetschern durchgeführt.

Insgesamt ist die Jahresbilanz für den Verein trotzdem ernüchternd. Denn das selbstgesteckte Ziel der DLRG war seit 2012, die Zahl der Badetoten mindestens um die Hälfte zu reduzieren. Das wären 260 Tote. "Da haben wir noch einen langen Weg vor uns", sagte DLRG-Sprecher Achim Wiese